Getreu nach Henry Ford sind Kosten für Marketing zu 50 Prozent hinausgeworfenes Geld. Leider weiß man nicht, welche 50 Prozent es sind. Es geht aber auch anders – indem Unternehmen Transparenz in ihre Marketing- und Kommunikationskosten bringen. An welchen Stellschrauben Unternehmen drehen können, zeigen im Interview unsere Experten Kirsten Mißfeld und Michael Nels.

Was fällt alles unter den Bereich Marketing bzw. Einkauf von Marketingdienstleistungen?

Mißfeld: Generell betrachten wir unter diesem Aspekt alles, was mit der Außendarstellung von Unternehmen und Marken zu tun hat. Es handelt sich um Mediabudgets – also die Schaltung von On- und Offline-Werbung. Diese werden von unseren Kunden in Zeitungen, Magazinen, TV- & Hörfunk, Kino, Außenwerbung (Out of Home) sowie als Online- und Mobile-Werbung auf z.B. Social Networks wie Youtube, LinkedIn, Xing oder anderen Websites geschaltet.

Nels: Ein weiterer Bereich aus dem Einkauf von Marketingdienstleistungen ist die Marktforschung. Hier geht es vor allem um qualitative Tests (z.B. Werbepretests, Produktlaunches, Consumer-Insight) sowie um quantitative Tests (Panelforschung, Absatzwirkung, Werbeforschung etc.). Gerade für Unternehmen aus dem B2C-Markt spielt dieser Aspekt eine große Rolle.

Mißfeld: Zudem fallen zwei weitere große Marketing-Kostenblöcke im Marketing ins Auge. Die Auswahl und Steuerung von Kreativ-, Media-, oder Digitalagenturen sowie die Produktion von Marketing- und Kommunikationsmaterialien. Trotz aller Digitalisierungstendenzen; in vielen – gerade mittelständischen – Unternehmen werden noch Marketingmaterialien in großen Mengen produziert. Hier gibt es entsprechende Kosten für Druck und Versand. Darüber hinaus fallen relativ große Kostenblöcke an für die Produktion von z.B. Werbespots, Messeständen oder für Bild- und Tonrechte. Die Auswahl und Kostenstruktur von Agenturen ist für Unternehmen eine wahre Blackbox.

„Die Auswahl und Kostenstruktur von Agenturen ist für Unternehmen eine wahre Blackbox.“

Wer ist im Unternehmen zuständig für den Einkauf von Marketingdienstleistungen?

Nels: In Unternehmen finden wir die unterschiedlichsten Situationen vor. Meistens ist die Marketingabteilung verantwortlich für das gesamte Spektrum – vom Einkauf der Agenturleistungen, über die Produktion bis hin zum Mediabudget. Teilweise ist auch die Geschäftsführung involviert, wenn der Bereich Marketing vakant oder der Unternehmer stark operativ im Marketing tätig ist. In den seltensten Fällen wird die Beschaffung von Marketingdienstleistungen auch über den Einkauf abgebildet.

Mißfeld: Aus der Erfahrung gesprochen: je höher das Marketingbudget ist, desto öfter wird der Einkauf involviert. In Konzernen ist es schon Gang und Gäbe, dass im Marketing auch Einkäufer mit Marketingbackground sitzen. Alternativ werden in Konzernen auch Mediakosten mit externen Auditoren überprüft. Seltener werden im Marketing Ausschreibungen / Pitches durchgeführt.

An welchen Stellschrauben können Unternehmen drehen, um den Einkauf von Marketingdienstleistungen zu optimieren?

Nels: Stellschrauben gibt es viele. Oftmals wissen Unternehmen aber nicht, wo sie anfangen sollen. Sicherlich viel Spielraum gibt es bei den Agenturkosten, z.B. bei der Ausgestaltung der Verträge. Allein in der Ausgestaltung und Verhandlung von Agenturverträgen liegt für die meisten Unternehmen ein Hebel von 10-30 Prozent.

Mißfeld: Zweiter wesentlicher Bereich sind die Media-Schaltkosten. Hier sollte die Strategiefrage als erstes geklärt sein. Gerade im Bereich der Mediaschaltung und Onlinewerbung wiegen sich viele Unternehmen durch Einschaltung von Mediaagenturen auf der sicheren Seite. Aber auch hier gilt: wer die Benchmarks der Branche nicht kennt und die Notwendigkeit der Einhaltung der Transparenzregeln außer Acht lässt, zahlt zu viel. Aus unserer Erfahrung gibt es hier in der Regel Einsparungen von 8 – 30 Prozent bzw. deutliche Effizienzverbesserungen.

Nels: Der Dritte wesentliche Bereich sind die Produktionskosten wie Druck, Verpackung, Werbemittel und TV -Spots. In diesem Bereich erzielen wir Optimierungen von bis zu 35 Prozent, die in zusätzliche Marketingmaßnahmen fließen können.

Was sind die häufigsten Gründe, wieso im Bereich Marketingeinkauf nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden?

Mißfeld: Im Marketing werden keine Einkaufsinstrumente genutzt. Marketing-Fachleute sind keine Einkäufer und Einkäufer sind keine Marketing-Spezialisten. Das Problem ist: der Einkauf versteht die Sprache des Marketings nicht und die meisten Marketeers können keine Einkaufstools nutzen. Daher gibt es in den meisten Unternehmen auch keine Benchmarks oder KPIs, an denen man sich orientieren könnte. Wenn – auch mit externer Hilfe – diese aufgestellt werden, ist dies eine Win-Win-Win-Konstellation. Das Controlling erhöht die Transparenz, der Einkauf senkt die Kosten und das Marketing kann die Einsparungen in zusätzliche Aktivitäten investieren.

„Im Marketing werden keine Einkaufsinstrumente genutzt. Marketing-Fachleute sind keine Einkäufer und Einkäufer sind keine Marketing-Spezialisten.“

Nels: Gerade bei der Auswahl und Verhandlung von Agenturen sind Einkäufer oftmals überfordert. Der Agenturmarkt ist hochgradig spezialisiert. Agenturen, spezialisierte Dienstleister und Freelancer gibt es wie Sand am Meer. Darüber haben die meisten Einkäufer keinen Überblick. Dieser ist aber nötig, um die passende Agentur zu finden. Im Gegensatz zu großen Konzernen können Mittelständler kein festes Personal für den Marketingeinkauf aufbauen. Daher macht es Sinn, Externe in den Prozess einzubinden, die Einkaufs-Know-how und Marketingwissen miteinander kombinieren. Dies hilft auch dabei, die Auswahl der Agenturen zu strukturieren, für den die meisten Marketingentscheider schlichtweg nicht die Zeit haben.

Mißfeld: Marketingabteilungen sind es gewohnt, mit Externen auf Projektbasis zusammenzuarbeiten. Das ist ihr eigentliches Kerngeschäft. Wenn ein Einkaufsdienstleister den Marketeers auf Augenhöhe begegnen kann, ist die Zusammenarbeit oft sehr erfolgreich und langfristig. Wichtig ist, dass die Anforderungen des Marketings verstanden und im Einkaufsprozess abgebildet werden können.

„Wichtig ist, dass die Anforderungen des Marketings verstanden und im Einkaufsprozess abgebildet werden können.“

Welche Trends gibt es im Bereich Marketing und Einkauf von Marketingdienstleistungen, die Unternehmen berücksichtigen sollten?

Nels: Unternehmen verlangen zunehmend, die Performance der einzelnen Unternehmensbereiche messbar zu machen. Dieser Trend macht auch vor dem Marketing nicht halt. Der Artenschutz fällt zunehmend weg. Allerdings herrscht in vielen Unternehmen noch das Trial & Error-Prinzip. Immer mehr Marketingleiter und –abteilungen versuchen insbesondere im Bereich Online-Marketing relevante und belastbare Messzahlen zu entwickeln. Während im Online-Marketing zahlreiche KPIs zur Verfügung stehen und es mehr auf die richtige Auswahl ankommt (CPO, ROI, ROAS), regiert im klassischen Marketing in vielen mittelständischen Unternehmen oft  noch das „Bauchgefühl“. Die Steuerung über KPIs hilft hier, erhebliche Effizienzreserven zu mobilisieren.

Mißfeld: Neben der Messbarkeit spielt auch das Thema der Digitalisierung im Marketing vieler Unternehmen eine große Rolle. Je mehr Kundendaten zur Verfügung stehen und je besser diese aufgearbeitet sind, desto effektiver können diese zur Kundenbindung und-gewinnung eingesetzt werden. Der Trend geht – sowohl im B2B wie auch im B2C – zu einer personalisierten und zeitlich abgestimmten Ansprache. Damit das Kapital der Kundendaten nicht nach außen gegeben werden muss, arbeiten zunehmend mehr Unternehmen an eigenen Plattformen. Wichtig ist hier: nicht das Datensammeln entscheidet über den Erfolg, sondern die Analyse. Mit der Auswahl geeigneter Tools wird das Marketing oft allein gelassen. Auch hier sollte das Marketing vom Einkauf und anderen internen und externen Experten unterstützt werden.

Ihre Ansprechpartner

Michael Nels ist Marketing-Experte mit 26 Jahren Erfahrung in der Führung des gesamten Marketing Mix von Konsumgütermarken sowie technischen Produkten in Konzernen und mittelständischen Unternehmen. Davon führte er 17 Jahre erfolgreich internationale Markenportfolien zu Wachstum und effizienter Performance in leitenden Linienfunktionen.

Kirsten Mißfeld hat mehr als 25 Jahre operative und leitende Marketingerfahrung in der Premium-Markenartikel-Industrie (FMCG) sowie Einkaufserfahrung in allen Bereichen von Marketing-Dienstleistungen. Zudem verfügt sie über einen hohen Vernetzungsgrad und intensive Marktkenntnis. Sie hat erfolgreiche Projekte im Bereich Mediaeinkauf, Dienstleister / Agenturauswahl, Agenturverträge sowie EK-Prozessoptimierung durchgeführt.