Wie produzierende Unternehmen Kostenvorteile in der Rohstoffbeschaffung erzielen.

Nach dem COVID-19 bedingten wirtschaftlich harten Jahr 2020 läuft die Wirtschaft seit Beginn 2021 wieder auf Hochtouren. Alle wirtschaftlichen Frühindikatoren sagen, dass dies auch noch länger so bleiben wird. Größtes Wachstumshemmnis: steigende Kosten. Branchenübergreifend sind viele Produktionsunternehmen mit exorbitanten Preissteigerungen im Rohstoffsektor (Chemikalien, Kunststoffe, Eisen und NE-Metalle) sowie massiven Verfügbarkeitsproblemen konfrontiert. Mit einer Entspannung ist frühestens Ende 2021 zu rechnen, wenn

  1. die Exporte aus den USA wieder beginnen,
  2. die europäischen Rohstoffproduzenten ihre technischen Probleme gelöst haben,
  3. die durch COVID-19 verschobenen Kapazitätserweiterungen umgesetzt worden sind,
  4. Seefrachtcontainer wieder verfügbar sind.

Im Kunststoff- und Chemikaliensektor gab es produktspezifisch ähnliche Situationen bereits in 2015 bei den Polyolefinen und bei PA66 in 2018 wie die nachstehende Grafik zeigt (Quelle PIE).


Diagramm 1: Preisentwicklung spezifischer Polymere

Ansatzpunkte hier waren: striktes Target-Pricing, Auffinden von alternativen Bezugsquellen sowie intra- und interpolymere Substitution.

Nachhaltige Einsparungen im Kunststoffbereich

Seit 2012 hat Expense Reduction Analysts in über 60 Projekten Beschaffungsvolumina in diesen Bereichen analysiert. Resultat: Einsparungen von mehr als 20 Millionen Euro.


Tabelle 1: Referenzkosten vs. Einsparungen 2012-06/2021

Grundlage der Resultate ist neben der fachlichen Qualifikation das gute Kontaktnetzwerk zu Rohstoffproduzenten, internationalen und nationalen Händlerorganisationen und anderen wichtigen Institutionen. Zudem wichtig:

  •          Erkennen möglicher intra- und interpolymerer Substitutionsmöglichkeiten
  •          Einarbeitung des Value-in-Chain-Mechanismus und Umsetzung in Liefervereinbarungen
  •          Straffung des Produkt- und Lieferantenportfolios
  •          Korrelation der Einkaufspreise und der unabhängigen Marktindizes

Speziell die Kombination des Value-in-Chain-Mechanismus und die Korrelation des Einkaufspreises mit den zugehörigen Marktindizes bringt gerade Verwendern von polymerbasierenden Primärverpackungen großen Mehrwert. Diese Unternehmen sind meist mit der Marktpreisbildung der Rohstoffindustrie nicht vertraut und haben selten Zugang zu den teuren (Kosten ca. 50.000 €/Jahr) Marktindexnotierungen. Selbst mittelständische Verarbeitungsunternehmen, die Polymere oder Chemikalien in großem Umfang verarbeiten, scheuen das Investment in die kostspieligen Datenbanken.

Auch im Bereich des Abfallmanagements mit Schwerpunkt Polymer- und Chemikalienentsorgung ist die Anbindung an die entsprechenden Indizes ein wichtiger Faktor, Kostenvorteile zu erzielen. Darüber hinaus sollten die infrastrukturellen Rahmenbedingungen (Containerstrukturen, Füllgradoptimierung, etc.) optimiert werden

Entspannung bei Verfügbarkeit erwartet – Kosten werden erst langsam fallen

Anhand produzentenneutraler Marktindikatoren sowie Informationen von Produzenten und Händlern kann davon ausgegangen werden, dass im vierten Quartal 2021 zumindest mit einer Entspannung bei der Verfügbarkeitssituation zu rechnen ist.

Die Preise werden allerdings erst langsam darauf reagieren. Lieferanten werden versuchen, die Preise so lange wie möglich hochzuhalten. Reduktionen auf der Feed-Stock-Seite werden so spät wie möglich – und wenn durchsetzbar – auch nur teilweise an Kunden weitergegeben.

Mit den dargestellten Key Success Faktoren haben Unternehmen aber die Möglichkeit, ihre Rohstoffkosten wieder anzupassen und so ihre Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen.

Über den Autor:

Günter Lux (Studium Kunststofftechnik an der Montanuniversität Leoben/A und 12 Jahre Vicepresident Automotive/Electrical Application bei Borealis) arbeitet seit über 10 Jahren als Partner bei Expense Reduction Analysts. Seit 2012 hat er über 60 Projekte in den Bereichen Polymere, Chemikalien, Kunststoffhalbfabrikate, Primärverpackungen, Abfallmanagement durchgeführt. 25 Prozent davon waren länderübergreifende Projekte.